Gigantischer Unterrichtsausfall an den beruflichen Schulen
MdL Peter Wintruff: „Frau Schavan kümmert sich mit Hingabe um Eliteschulen, vernachlässigt aber das berufliche Schulwesen seit Jahren“
Beschwerden von Betrieben über eklatanten Unterrichtsausfall einfach ignoriert
Die SPD-Landtagsfraktion schlägt Alarm, weil an den beruflichen Schulen im Land in gigantischem Umfang Unterricht ausfällt. In ihrer Antwort auf einen entsprechenden Antrag der SPD-Fraktion musste Kultusministerin Schavan jetzt einräumen, dass im laufenden Schuljahr 2004/2005 an den beruflichen Schulen laut amtlicher Schulstatistik allein 20.894 Unterrichtsstunden wegen Lehrermangels ausfallen. Das Kultusministerium selber beziffert das Defizit an Lehrkräften für den Pflichtunterricht an den beruflichen Schulen auf 821 Lehrerdeputate. Zu diesem so genannten „strukturellen Unterrichtsausfall“ in Höhe von weit mehr als 20.000 Stunden muss selbst nach Angaben des Kultusministeriums aber noch der Unterrichtsausfall wegen Krankheit, Lehrerfortbildung oder Abordnungen hinzugerechnet werden. Nach den Angaben des Kultusministeriums geht es dabei um mindestens 15.000 Stunden, die zusätzlich ausfallen. Das Ministerium weigert sich allerdings, der SPD dafür genaue Zahlen zu nennen, obwohl die Schulen verpflichtet sind, entsprechende Dokumentationen zu führen.
Der Berufsbildungsexperte der SPD-Fraktion und Vorsitzende des Schulausschusses des Landtages, Peter Wintruff, hält diesen Zustand für „skandalös“: „Mindestens 35.000 Unterrichtsstunden fallen aus, weil sich Frau Schavan mit Hingabe um Eliteschulen kümmert, das berufliche Schulwesen aber seit Jahren vernachlässigt. Mit ihrer Zwei-Klassen-Politik benachteiligt sie die Schülerinnen und Schüler an beruflichen Schulen auf unverantwortliche Weise.“
Die neuesten Zahlen zum Unterrichtsausfall sind nach den Worten von Peter Wintruff auch ein Alarmsignal für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg. Schließlich müssten sich die Unternehmen darauf verlassen können, dass ihre Auszubildenden in der Schule den erforderlichen Unterrichtsstoff vermittelt bekommen. Tatsächlich aber beschwerten sich ausbildende Betriebe schon seit langem – leider erfolglos – über eklatanten Unterrichtsausfall an beruflichen Schulen und fehlendes Theoriewissen ihrer Auszubildenden. In mehreren parlamentarischen Initiativen habe auch die SPD-Fraktion immer wieder auf die Notwendigkeit einer Verbesserung der Unterrichtsversorgung für berufliche Schulen hingewiesen und mehr Lehrerdeputate angemahnt. Das Ministerium habe dies stets mit dem Hinweis auf Besserung durch die Erhöhung der Lehrerarbeitszeit abgetan. Jetzt zeige sich aber, dass auch die Erhöhung der Unterrichtsdeputate für Lehrkräfte an beruflichen Schulen keine entscheidende Besserung gebracht hat, so Wintruff.
Am meisten Unterricht fällt nach Angaben des Ministeriums an den gewerblichen Schulen im Landkreis Calw aus. Über 15 Prozent aller Unterrichtsstunden können hier laut amtlicher Statistik mangels Lehrkräften nicht erteilt werden. „Wenn man den Unterrichtsausfall wegen Krankheit und Fortbildung hier noch dazu rechnet, so muss man davon ausgehen, dass an den gewerblichen Schulen im Kreis Calw jede fünfte Unterrichtsstunde ausfällt“, so Wintruff. Nur wenig besser sei die Situation in den gewerblichen Schulen im Enzkreis. Dort können laut Ministerium 13,9 Prozent der Unterrichtsstunden wegen Lehrermangels nicht erteilt werden. Im württembergischen Landesteil hält nach Ministeriumsangaben der Kreis Biberach den Rekord. An den gewerblichen Schulen fällt hier mit 9,9 Prozent fast jede zehnte Unterrichtsstunde wegen Lehrermangel aus.
Peter Wintruff: „Diese Zahlen sind ein Armutszeugnis für die Kultusministerin und die gesamte Landesregierung.“