Sehr geehrte Frau Präsidentin,
Liebe Kolleginnen und Kollegen,

der Angriffskrieg auf die Ukraine ist auch ein Angriff auf das Völkerrecht. Ein Angriff auf die Idee, dass sich souveräne Staaten ihrer Grenzen sicher sein dürfen, auf die Idee, dass man auch Unstimmigkeiten und selbst Streit ohne Gewalt und durch Gespräche aus der Welt schafft.

All diese Gewissheiten hat der russische Präsident angreifen lassen. Dieser Krieg ist ein Angriff auf uns alle. Dieser Krieg ist eine Schande.

Dieser Krieg ist ein Verbrechen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube die meisten von uns haben in den vergangenen Tagen an Kundgebungen teilgenommen. Kundgebungen, die zeigen, wie viele Menschen sich gegen diesen Krieg stellen, wie viele zu den Ukrainerinnen und Ukrainern stehen. Wir sehen das in unseren Heimatorten, in unserem Land, in ganz Europa, auf der ganzen Welt. Und es wird klar: Wenn Wladimir Putin eine Spaltung Europas haben wollte, einen Dissens im Westen, ein Eingehen auf seine Forderungen – wenn er das haben wollte, hat er jetzt schon eines erreicht: Das genaue Gegenteil!

Auf diesen Kundgebungen spürt man viel Entsetzen über den Krieg, man spürt Sorge um den Frieden in Europa, man spürt den Willen, den Menschen in der Ukraine beizustehen. Man spürt aber auch Verzweiflung: Was können wir hier, bei uns, tun, außer ohnmächtig zuzusehen?

Aber ich möchte hier und gerade im Landtag sagen: Wir sind NICHT ohnmächtig! Nicht in Europa, nicht in Deutschland und auch nicht in Baden-Württemberg. Und wir können mehr tun, als die Menschen in der Ukraine unserer Solidarität zu versichern.

Wir können handeln.

Wir wollen handeln.

Wir müssen handeln.

Unser Land ist nicht im Krieg und gebe es Gott, dass es so bleibt. Und genau deswegen müssen wir denen helfen, die vor dem Krieg fliehen, vor der Zerstörung und vor dem Tod.

Sorgen wir dafür, dass die riesige Hilfsbereitschaft der Menschen in diesem Land mit einer staatlichen Hilfe einhergeht, die nicht nur unbürokratisch sein soll, sondern auch wirklich unbürokratisch ist. Wir begrüßen den Sonderstab der Landesregierung für geflüchtete Menschen aus der Ukraine, und wir begrüßen es, wenn dort auch die Fallen im Kleingedruckten entschärft werden.

Im Moment ist es so, dass viele Menschen aus der Ukraine über die Grenze nach Polen geflohen sind, aber gar nicht weiterwollen, weil sie hoffen, dass sie bald in ihre Heimat zurückkehren können. Diese Menschen sind nicht bei uns, und dennoch können wir auch ihnen helfen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Hilfe zu spenden ist das Erste und das Wichtigste, was wir in dieser Situation zu tun haben.

Aber es nicht das Einzige was wir tun müssen.

Der Krieg in der Ukraine ist unrechtmäßig, er ist unmenschlich – und er muss aufhören.

Und der größte Druck, den wir aufbauen können, ohne Krieg mit Krieg zu beantworten, das stärkste Mittel, das wir jetzt zur Hand haben, sind all die gewaltfreien Strafen gegen die russische Führung. Und neben all den symbolischen, aber gewiss schmerzhaften Ächtungen und Ausschlüssen, gerade auch im Sport, sind es nun mal vor allem die wirtschaftlichen Sanktionen, die hart und wirksam treffen.

Und gerade an diesem Punkt spielt Baden-Württemberg eine herausragende Rolle. Wenn wir nicht liefern, tut es weh, das gilt für Autos und noch mehr für Maschinen und Anlagen, viele davon dezidiert für die Öl- und Gasbranche. Gerade wir im Südwesten können hier Entscheidendes bewirken.

Geschäfte laufen auf Gegenseitigkeit, und wo kein Geschäft zustande kommt, fehlt der Umsatz auch hier im Land.

Das kann geringfügig sein, deutlich, schmerzhaft oder sogar existenzbedrohend. Dessen sind wir uns alle bewusst. Wir wissen aber auch: Wenn wir hier nicht ohne Wenn und Aber handeln, geben wir unser wirksamstes Druckmittel aus der Hand, um uns für Frieden und Freiheit einzusetzen.

Ich begrüße es daher, dass Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft gegenüber Frau Ministerin Hoffmeister-Kraut erklärt haben, ohne jede Einschränkung zu der Umsetzung dieser Sanktionen zu stehen. Und ich begrüße es auch, dass die Bundesregierung Hilfen für jene Betriebe angekündigt hat, die durch die Umsetzung der Sanktionen in Schwierigkeiten geraten.

Aber auch hier kommt dem Land und der Landesregierung eine entscheidende Rolle zu: Es geht darum, Hilfen für betroffene Betriebe zu vermitteln. Und es geht darum, dass wir auch schwarze Schafe in die Schranken weisen müssen, die die Sanktionen selbst in dieser Lage noch umgehen, die sie hintergehen wollen. Und wir wissen alle, in der Vergangenheit hat sich unser Exportland hier nicht immer mit Ruhm bekleckert. Das soll diesmal anders sein, das muss diesmal anders sein. Wir müssen auch hier zusammenhalten.

Aber achten wir auch auf den Zusammenhalt hier bei uns. Lassen Sie uns alle dafür sorgen, dass wir auf unberechtigte Feindseligkeiten nicht mit ebensolchen Feindseligkeiten antworten. Wir wollen keinen Krieg auf unserer Welt, und wir wollen keinen Hass in unserem Land. Pauschale Anfeindungen gegen Menschen aus Russland sind völlig daneben, umso mehr, da viele Russinnen und Russen dem Verhalten ihrer Regierung sehr kritisch gegenüberstehen.

Und gar keine Berechtigung hat es, Mitbürgerinnen und Mitbürger unter Generalverdacht zu stellen, nur weil sie oder ihre Eltern aus Russland zu uns gekommen sind. Beugen wir da vor, bleiben wir da wachsam. Auch das sind wir Frieden und Freiheit schuldig.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
auch die SPD steht voll und ganz zu dem Entschließungsantrag der demokratischen Fraktionen. Und diese Geschlossenheit ist schon an sich ein starkes Signal: Die demokratische Selbstbestimmung eines Volkes, die Unverletzlichkeit seiner Landesgrenzen, das Recht, in Frieden und in Freiheit zu leben, ist bei uns nicht nur Konsens. Es ist nicht verhandelbar.

Danke.

Es gilt das gesprochene Wort.