Wolfgang Drexler: „Umweltminister Müller ist offenkundig nicht bereit, die Rolle der Atomaufsicht in diesem Atomskandal vorbehaltlos aufzuklären und die notwendigen Konsequenzen daraus zu ziehen – dies zeigt der offizielle Abschlussbericht vom Dezember 2001 überdeutlich“

Beschluss im Landtag bereits in der kommenden Plenarwoche

Die SPD-Landtagsfraktion hat einstimmig beschlossen, zu den Vorfällen im Atomkraftwerk Philippsburg 2 und zum Versagen der Atomaufsicht in Baden-Württemberg einen Untersuchungsauschuss nach Artikel 35 der Landesverfassung einzusetzen. Nach den Worten von SPD-Fraktionschef Wolfgang Drexler soll dieser Untersuchungausschuss insbesondere klären, ob die Landesregierung die notwendigen Konsequenzen aus der hochbrisanten Pannenserie um das AKW Philippsburg gezogen hat, um ähnliche oder noch schlimmere Vorfälle künftig zu verhindern.

Ausgelöst wurde der Beschluss der SPD-Landtagsfraktion zur Einrichtung eines Untersuchungsausschusses durch den offiziellen Abschlussbericht von Umweltminister Müller „zur Wiederherstellung der Betriebsvoraussetzungen sowie zu generellen Konsequenzen nach den meldepflichtigen Ereignissen im Kernkraftwerk Philippsburg 2“, der dem Landtag am 21. Dezember 2001 zuging. In diesem Bericht werden nach Angaben Drexlers zwar die schwerwiegenden Fehler und Versäumnisse der Kernkraftbetreiber und des TÜV und die bisher daraus gezogenen Konsequenzen angesprochen, die Rolle der Atomaufsicht in diesem Atomskandal aber nahezu totgeschwiegen.

Drexler: „Die Darstellung der Rolle der Atomaufsicht beschränkt sich in diesem 30-seitigen Bericht auf eine knappe halbe Seite, und zwar auf drei Absätze auf der allerletzten Seite. Was dort an Konsequenzen angedeutet wird, zum Beispiel Job-Rotation im Ministerium, ist nichts als weiße Salbe. Müller ist offenbar immer noch nicht bereit, die verhängnisvolle Rolle des politisch verantwortlichen Ministers und der zuständigen Beamten seiner Atomaufsicht rückhaltlos aufzuklären und aus den schweren Fehlern und Versäumnissen der Vergangenheit umfassende Konsequenzen zu ziehen.“

Nach Artikel 35 der Landesverfassung hat der Landtag das Recht und auf Antrag von einem Viertel seiner Mitglieder die Pflicht, Untersuchungsausschüsse einzusetzen. Mit 45 von insgesamt 128 Abgeordneten (rund 35 Prozent) verfügt die SPD-Fraktion im Landtag über die erforderliche Mehrheit. Der Beschluss des Landtags zur Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses wird bereits in der kommenden Plenarwoche (30.01. bis 01.02.2002) gefasst werden.

Der nachlassende öffentliche Druck hat nach den Worten Drexlers Umweltminister Müller offenkundig dazu verleitet, die für die Sicherheit von Mensch und Umwelt notwendigen Konsequenzen aus der Philippsburgaffäre auf die lange Bank zu schieben und zur Tagesordnung überzugehen. Angesichts des extrem hohen Gefährdungspotenzials, das von Atomkraftwerken ausgehe, sei ein solches Verhalten nicht zu verantworten. „Wir wollen deshalb im Untersuchungausschuss detailliert aufklären, was früher falsch gemacht oder versäumt wurde und welche Konsequenzen die Atomaufsicht daraus gezogen hat bzw ziehen muss.“

Der Untersuchungsauftrag der SPD-Landtagsfraktion umfasst nach den Worten von Wolfgang Drexler drei Teile. In einem ersten Teil soll aufgeklärt werden, wie die Pannenserie im Atomkraftwerk Philippsburg 2 im einzelnen abgelaufen ist, wer wen wie und wann darüber informiert oder eben gerade nicht informiert hat – und was der zuständige Minister, Landesumweltminister Müller, und die zuständigen Beamten im Ministerium im einzelnen jeweils getan bzw. unterlassen haben.

In einem zweiten Teil soll der Untersuchungausschuss nach dem Willen der SPD-Fraktion aufklären, wie es überhaupt zu der Pannenserie kommen konnte. Was hat die Atomaufsicht in Baden-Württemberg in der Vergangenheit getan, um die Sicherheit von Atomkraftwerken zu gewährleisten? Dabei geht es um die Organisation und Personalqualifikation der Kraftwerksbetreiber, insbesondere auch der Kraftwerksleitungen, genauso wie um die fachliche Qualifikation der Atomaufsicht im zuständigen Umweltministerium.

Im dritten Teil der Arbeit des Untersuchungsausschusses steht die aus Sicht der SPD zentrale Frage, was der zuständige Minister bisher getan oder gerade nicht getan hat, um künftig eine ausreichend hohe Sicherheit in den Atomanlagen zu gewährleisten. Dabei geht es nach den Worten von Wolfgang Drexler nicht nur um die Frage der technischen Sicherheit von Atomkraftwerken, sondern vor allem auch darum, mit welchen Sicherheitsstandards die Atomaufsicht im Land verhindern will, dass menschliches Fehlverhalten zu unkontrollierbaren Störfällen führt mit kaum auszudenkenden Konsequenzen.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Drexler geht davon aus, dass die Arbeit dieses Untersuchungsausschusses in einem angemessenen Zeitrahmen abgeschlossen werden kann. Drexler wörtlich: „Wenn die Landesregierung nicht weiterhin mauert, sondern an einer raschen Aufklärung mitwirkt, dann kann dieser Ausschuss seine Arbeit zügig erledigen.“

gez. Helmut Zorell

Fraktionssprecher