Wolfgang Drexler: „Das hohe Versorgungsniveau der Minister und Staatssekretäre ist bei der derzeitgen Haushaltslage im Land nicht mehr vertretbar“
Gesetzentwurf der SPD-Landtagsfraktion zur Änderung des Ministergesetzes
Die SPD-Landtagsfraktion unternimmt mit einem Gesetzentwurf zur Änderung des Ministergesetzes einen neuen Vorstoß zur Absenkung des Versorgungsniveaus bei den Mitgliedern der Landesregierung. Das – auch im Vergleich zu anderen Bundesländern – hohe Versorgungsniveau der Minister und Staatssekretäre in Baden-Württemberg sei bei der derzeitigen Haushaltslage im Land nicht mehr vertretbar, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Drexler zur Begründung. Die Mitglieder der Landesregierung seien bei ihrer Versorgung auch im Vergleich zu den Regelungen für Bundesminister deutlich privilegiert und auch deshalb sei es gerechtfertigt, diese Versorgung jetzt grundlegend zu ändern. Vor dem Hintergrund der Haushaltsnotlage in Baden-Württemberg hofft Drexler diesmal auf Zustimmung aller Fraktionen im Landtag, nachdem ähnliche Vorstöße der SPD 1992 an der CDU und zuletzt Ende 1997 am Widerstand von CDU und FDP gescheitert waren.
Mit ihrem Gesetzentwurf zur Absenkung der Ministerpensionen will die SPD zugleich auch ein anderes Ärgernis beseitigt wissen: Die automatische Anpassung der Amtsgehälter des Ministerpräsidenten, der Minister und Staatssekretäre nach jeder Besoldungserhöhung im öffentlichen Dienst. Derzeit sind die Amtsgehälter der Regierungsmitglieder an die Besoldungsgruppe B 11 gekoppelt (Ministerpräsident: B 11 plus 20 Prozent, Minister: B 11, Staatssekretäre: 85 Prozent von B 11), die dann nach jeder Tarifrunde ohne jegliche öffentliche Diskussion „still und leise“ entsprechend erhöht werden. Um hier mehr Transparenz zu erreichen, will die SPD nun – statt der Koppelung an B 11 – feste Euro-Beträge als Amtsgehälter ins Ministergesetz schreiben, über deren Erhöhung dann jeweils das Parlament entscheiden muss.
Drexler: „Eine Landesregierung, die von den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes Lohn- und Gehaltsverzicht verlangt, bei Polizisten die Lebensarbeitszeit verlängern will und bei Langzeitarbeitslosen, bei der Jugendsozialarbeit sowie psychisch Kranken staatliche Hilfen streicht, verliert jegliche Glaubwürdigkeit, wenn sie nicht bei ihrer eigenen Versorgung deutliche Einschnitte vornimmt und sich auch bei den laufenden Amtsbezügen künftig der öffentlichen Diskussion stellt. Die von der Landesregierung angekündigte geringfügige Absenkung des Versorgungsniveaus samt Nullrunde bei den Amtsbezügen reicht bei weitem nicht aus.“
Der SPD-Gesetzentwurf (siehe Anlage) beinhaltet im Einzelnen:
1. Absenkung des Mindestruhegehaltssatzes nach fünfjähriger Amtszeit von derzeit 40 auf 30 Prozent der Amtsbezüge (zum Vergleich: Bei Bundesministern beträgt der Mindestruhegehaltssatz nach einer Legislaturperiode 29 Prozent, nach 5 Jahren 31,5 Prozent)
2. Absenkung des Höchstsatzes des Ruhegehalts von derzeit 75 auf künftig 70 Prozent der Amtsbezüge
3. Anhebung des Mindestalters für die Auszahlung des Ruhegehalts von derzeit 55 auf 65 Jahre
4. Festlegung des Amtsgehaltes des Ministerpräsidenten, der Minister und Staatssekretäre in absoluten Euro-Beträgen statt in Besoldungsgruppen: 12.424,27 Euro für den Ministerpräsidenten, 10.353,56 Euro für die Minister und 8.800,53 Euro für die Staatssekretäre (dazu kommen dann noch die im SPD-Gesetzentwurf nicht veränderten Sonderzahlungen wie Familienzuschlag, Kindergeld und 13. Monatsgehalt)
Land boykottiert Bundestags-Erhebung zu Ministerpensionen
Bezeichnend für die Heimlichtuerei der Landesregierung ist für SPD-Fraktionschef Drexler, dass sich Baden-Württemberg als einziges Bundesland nicht an einer Erhebung des Deutschen Bundestages zu den gesetzlichen Regelungen der Altersversorgung von Regierungsmitgliedern im vergangenen Jahr beteiligte. In den vom Bundestag veröffentlichten Tabellen (BT-Drs. 14/7640) vom November 2001 stehe jeweils die Fußnote: „Das Bundesland Baden-Württemberg stellte keine Informationen zur Altersversorgung der Regierungsmitglieder zur Verfügung“.
Drexler: „Dass sich die Regierung Teufel als einzige Landesregierung weigert, dem Bundestag die angeforderten Informationen zur Altersversorgung zur Verfügung zu stellen, ist eine Frechheit. Offensichtlich hat der Ministerpräsident wegen der vergleichsweise üppigen Versorgung der baden-württembergischen Regierungsmitglieder ein schlechtes Gewissen. Es ist höchste Zeit, diese Versorgung deutlich zu kürzen.“
Neuordnung des Abgeordnetenrechts
Der SPD-Fraktionsvorsitzende erneuerte zugleich die Bereitschaft seiner Fraktion, auch das Abgeordnetenrecht (Diäten, Versorgung, Abbau von Doppelversorgung) neu zu regeln. Dabei müsse dann zwangsläufig auch die derzeitige Regelung der Inkompatibilität auf den Prüfstand.
Die bisher in Baden-Württemberg geltenden Vorschriften mit einer sehr großzügig geregelten Vereinbarkeit von Abgeordnetenmandat mit der gleichzeitigen Ausübung eines öffentlichen Amtes führe zu einer völlig ungerechtfertigten Doppelversorgung. Dies gelte etwa für jene Abgeordnete, die z.B. als Landräte, Oberbürgermeister, Bürgermeister, Schulleiter oder als Leiter anderer Behörden keinen Antrag auf Reduzierung ihrer Arbeitszeit stellten und deshalb neben ihren Abgeordnetenpensionen zu 100 Prozent auch noch ihre Altersversorgung aus dem öffentlichen Amt erhielten.
Helmut Zorell, Pressesprecher
Anlage
Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 13 /
13. Wahlperiode
Gesetzentwurf
der Fraktion der SPD
Gesetz zur Änderung des Ministergesetzes
A. Zielsetzung
Mit der Änderung des Ministergesetzes soll die Altersversorgung der Mitglieder der Landesregierung neu geregelt werden.
B. Wesentlicher Inhalt
Der Gesetzentwurf enthält folgende Eckpunkte:
1. Anhebung der Altersgrenze bis zur Auszahlung des Ruhegehalts von derzeit fünfundfünfzig auf fünfundsechzig Jahre.
2. Reduzierung des Sockelbetrages des Ruhegehaltssatzes nach fünfjähriger Amtszeit von derzeit vierzig auf dreißig vom Hundert.
3. Reduzierung des Höchstsatzes des Ruhegehalts von derzeit fünfundsiebzig auf siebzig vom Hundert.
C. Alternativen
Beibehaltung des unbefriedigenden jetzigen Zustands.
D. Kosten
Das Gesetz wird mittel- und langfristig zu Einsparungen führen. Die Höhe der Einsparungen lässt sich nicht exakt beziffern.
Der Landtag wolle beschließen,
dem nachstehenden Gesetzentwurf seine Zustimmung zu erteilen:
Gesetz zur Änderung des Ministergesetzes
Artikel 1
Änderung des Ministergesetzes
Das Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Regierung (Ministergesetz) in der Fassung vom 20. August 1991 (GBl. S. 533, ber. S. 611), zuletzt geändert durch ÄndG v. 15.12.1997 (GBl. S. 533) und Art. 37 EuroumstellungsG v. 20.11.2001 (GBl. S. 605) wird wie folgt geändert:
1. § 10 Abs. 2 Buchstabe a) wird wie folgt neu gefasst:
„ein Amtsgehalt
für den Ministerpräsidenten in Höhe von 12.424,27 Euro
für die Minister in Höhe von 10.353.56 Euro
für die Staatssekretäre in Höhe von 8.800,53 Euro,“
2. In § 16 Abs. 1 Satz 3 wird das Wort „fünfundfünfzigsten“ durch das Wort
„fünfundsechzigsten“ ersetzt.
3. In § 16 Abs. 3 Satz 2 wird die Ziffer „40“ durch die Ziffer „30“ ersetzt.
4. In § 16 Abs. 3 Satz 3 wird die Ziffer „75“ durch die Ziffer „70“ ersetzt.
Artikel 2
Inkrafttreten
Das Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
29.11.2002
Drexler und Fraktion
Begründung
A. Allgemeine Begründung
Das hohe Versorgungsniveau der Mitglieder der Landesregierung in Baden-Württemberg ist – insbesondere auch im Hinblick auf die derzeitige Haushaltslage im Land und die Absenkung des allgemeinen Renten- und Versorgungsniveaus – entsprechend herabzusetzen.
Das Gesetz über die Rechtsverhältnisse der politischen Staatssekretäre verweist in § 2 Abs. 2 Satz 1 auf die Vorschriften des Ministergesetzes, so dass die Änderungen des Ministergesetzes auch für die politischen Staatssekretäre gelten.
B. Einzelbegründung
Zu Artikel 1
Zu Nummer 1 – § 10 Abs. 2 Satz 1 Buchstabe a)
Durch die Festlegung des Amtsgehalts in absoluten Euro-Beträgen entfällt die Koppelung an eine bestimmte Besoldungsgruppe und damit auch eine automatische Anpassung der Amtsgehälter des Ministerpräsidenten, der Minister und Staatssekretäre bei Änderungen der Besoldungstabelle für Beamte. Erhöhungen und Senkungen des Amtsgehalts müssen künftig vom Parlament ausdrücklich beschlossen werden.
Zu Nummer 2 – § 16 Abs. 1 Satz 3
Die Anhebung der Altersgrenze bis zur Auszahlung des Ruhegehalts von derzeit fünfundfünfzig auf das fünfundsechzigste Lebensjahr berücksichtigt, dass ein breiter Teil der Bevölkerung erst mit Erreichen der Regelaltersgrenze von fünfundsechzig Jahren einen Anspruch auf Altersversorgung erheben kann. Die bisherige privilegierte Sonderlösung für Mitglieder der Landesregierung ist entsprechend abzuändern.
Zu Nummer 3 – § 16 Abs. 3 Satz 2
Ein Ruhegehalt in Höhe von vierzig vom Hundert der ruhegehaltsfähigen Amtsbezüge nach nur fünfjähriger Amtszeit für Mitglieder der Landesregierung ist nicht gerechtfertigt. Auch hier führt ein Vergleich mit der übrigen Bevölkerung zu nicht mehr vertretbaren Unterschieden.
Zu Nummer 4 – § 16 Abs. 3 Satz 3
Die Absenkung des Höchstsatzes des Ruhegehalts von fünfundsiebzig auf siebzig vom Hundert trägt der Tatsache Rechnung, dass die Versorgung des Ministerpräsidenten, der Minister und Staatssekretäre ohnehin schon weit über dem durchschnittlichen Renten- und Versorgungsniveau der Bevölkerung mit einem durchschnittlichen Rentenzahlbetrag in Höhe von rund 2.000 DM bei Männern und rund 790 DM bei Frauen (Stand 1999, vgl. Bundestags-Drucksache 14/7640, Seite 32) liegt. Im Vergleich belief sich die Höhe des durchschnittlichen Zahlbetrages der Altersversorgung ehemaliger Regierungsmitglieder auf Bundesebene und in den übrigen Bundesländern im Jahr 1999 zwischen 7.263 DM und 13.010 DM (vgl. Bundestags-Drucksache 14/7640, Seite 71, Tabelle A 39 – ohne Angaben der Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern –). Dieses Missverhältnis kann in der heutigen Zeit nicht aufrechterhalten werden.
Zu Artikel 2
Das Gesetz soll am ersten Tag nach seiner Verkündung in Kraft treten.
Pressesprecher