MdL Rolf Gaßmann: „Döring will die Mieterrechte radikal beschneiden“
Geheimbrief Dörings enthält wahren Gruselkatalog für die Mieter
Mit großer Empörung reagiert der wohnungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Rolf Gaßmann, auf eine „Gruselliste“ von Wirtschaftsminister Döring zum Abbau der Mieterrechte. Dass er die Mieterrechte radikal beschneiden will, hat Döring in einem Geheimbrief an den Verband baden-württembergischer Wohnungsunternehmen dargelegt, der Gaßmann vorliegt. Obwohl die Mehrheit der Haushalte in Baden-Württemberg zur Miete lebe, in den Ballungszentren zu über 70 %, wolle die Landesregierung durch eine Kehrtwende beim Mietrecht offenbar drastische Mietpreissteigerungen und schnelles Herauskündigen von vertragstreuen Mietern durchsetzen, kritisiert der SPD-Wohnbauexperte. Ein Teil dieser Vorschläge soll laut Schreiben des Wirtschaftsministers gemeinsam mit dem Justizministerium über eine Bundesratsinitiative durchgesetzt werden.
Nach den Angaben von Gaßmann will die Landesregierung den Vermietern u. a. die Kündigung von Mietern erheblich erleichtern, was nach Gaßmanns Worten zu einem drastischen Anstieg der Zwangsräumungen führen wird. Außerdem soll die Zustimmung des Mieters bei Mieterhöhungen künftig wegfallen und der Vermieter soll sich nicht mehr an Kündigungssperrfristen halten müssen, wenn Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt werden. Die Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen soll von 20 % auf 30 % innerhalb von drei Jahren angehoben werden, das gesetzliche Verbot von Luxusmodernisierungen soll über den Mietvertrag ausgehebelt und die Mietpreise nach Modernisierungen deutlich stärker als bisher erhöht werden können.
„Jetzt wissen die Mieter im Lande, was ihnen von einer Regierungsbeteiligung der FDP auf Bundesebene blühen würde: unbezahlbare Mieten und Rechtlosigkeit!“, so Rolf Gaßmann. Offensichtlich wolle Döring sein vollkommenes Versagen in der Wohnungspolitik des Landes nun durch die Abschaffung des sozialen Mietrechts vollenden, bevor er die Ressortzuständigkeit abgibt. So ist die soziale Wohnraumförderung des Landes Baden-Württemberg seit Übernahme des Wirtschaftsministeriums durch Walter Döring von 20.000 Wohneinheiten auf nur noch 2.000 Wohneinheiten jährlich geschrumpft.
Gaßmann hält es auch für unredlich, das erst kürzlich reformierte Mietrecht für die Prob-leme am Wohnungsmarkt verantwortlich zu machen, wie dies Döring ständig tue. „Seit der von Rot/Grün beschlossenen Mietrechtsreform im Jahre 2002 sind die Wohnungsneubauzahlen im Lande von 37.000 auf 34.000 Wohneinheiten zurückgegangen. Der große Einbruch im Wohnungsbau aber lag vor der Mietrechtsreform, beginnend mit Dörings Zuständigkeit für den Wohnungsbau im Lande. So gingen die Neubauzahlen von 1995 bis zum Jahre 2002 von 102.000 Wohneinheiten auf 37.000 Wohneinheiten zurück. Diese Fakten verschweige Döring der Öffentlichkeit und erzähle stattdessen weiter das Märchen vom Rückgang des Wohnungsbaus wegen der Mietrechtsreform, so Gaßmann.
Mit einem Parlamentsantrag fordert die SPD-Landtagsfraktion nun von Ministerpräsident Teufel, die Bundesratsinitiative der Landesregierung zum Mietrecht umgehend zurückzunehmen und klarzustellen, dass auch die weitergehende Döringsche „Gruselliste“ von der Landesregierung nicht weiter verfolgt wird.
Dies sind nach den Worten von Rolf Gassmann die „gemeinsten Vorschläge“ von Minis-ter Döring zum Abbau der Mieterrechte:
1. Die Kündigungsfrist für Vermieter soll künftig einheitlich auf nur noch 3 Monate verkürzt werden. Bislang beträgt die Kündigungsfrist je nach Dauer des Mietverhältnisses zwischen 3 und 9 Monaten. Weil wegen des großen Wohnungsmangels in baden-württembergischen Städten viele Mieter in 3 Monaten keine neue Wohnung finden, würde dies zum drastischen Anstieg von Zwangsräumungen führen.
2. Die Kündigungssperrfrist für Mieter von Wohnungen, die zu Eigentumswohnungen umgewandelt wurden, soll entfallen, wenn der Vermieter eine Ersatzwohnung anbietet. Bislang haben Mieter in den baden-württembergischen Universitätsstädten und in Mann-heim bei Umwandlung ihrer Wohnung eine 10-jährige Kündigungssperrfrist, in allen anderen Gemeinden eine 3-jährige Frist. Mit deren Wegfall hätten Umwandlungsspekulanten künftig leichtes Spiel: Langjährige Mieter können verdrängt werden, wenn ihnen irgendeine (aber nicht passende) Ersatzwohnung angeboten wird.
3. Die Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen soll von 20 % auf 30 % innerhalb von 3 Jahren angehoben werden. Damit würden die Mieten im Land noch rasanter steigen. Obwohl die Verbraucherpreise zurzeit nur um 1 % steigen und die Realeinkommen rück-läufig sind, sollen Vermieter bis zu 10 % im Jahr erhöhen dürfen.
4. Das Wegfallen des Zustimmungserfordernisses bei Mieterhöhungen durch den Mieter hält Döring in seinem Geheimschreiben für „fachlich vertretbar“, da es „auch in anderen Wirtschaftsbereichen einseitige Preisanpassungen gibt“. In der Praxis würde dies bedeuten, dass Mieter auch willkürlich festgesetzte Mieterhöhungen zunächst zahlen müssten und sich erst durch den Gang vor Gericht die ortsübliche und angemessene Miete erstreiten könnten.
5. Bei Modernisierungen sollen im Mietvertrag vom Gesetz abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Mieters möglich sein. Dies würde bedeuten, dass über den Mietvertrag das gesetzliche Verbot der Luxusmodernisierung ausgehebelt werden könnte. Ausgeschlossen werden könnte auch die rechtzeitige Ankündigung des Vermieters von Modernisierungsmaßnahmen. Dem Herausekeln von Mietern durch überzogene Modernisierungsmaßnahmen wäre Tür und Tor geöffnet.
6. Die von Döring vorgeschlagene Erhöhung der Mietpreise nach Modernisierung auf 14 % (bislang 11 %) würde für viele Mieter die Wohnung nach Modernisierung unbezahlbar machen. So muss der Mieter heute schon bei 30.000 Euro Modernisierungskosten mit einem Mietaufschlag von 3.300 Euro im Jahr rechnen. Nach Dörings Vorstellungen soll der Vermieter sogar 4.200 Euro Aufschlag verlangen können.
7. Selbst der vom Wohnungsunternehmensverband geforderten vollkommenen Aushebelung des Mieterschutzes durch die Einführung eines „Probemietverhältnisses“ stellt sich Döring nicht entgegen. Er befürchte lediglich, dabei „auf großen Widerstand zu stoßen“, weil die „Gefahr der Umgehung der gesetzlichen Kündigungsvorschriften“ bestehe. Tatsächlich wären Probemieter ohne Kündigungsschutz der Willkür eines Vermieters vollkommen ausgesetzt.