Wolfgang Drexler: „Es ist ein einmaliger Vorgang, dass sich ein amtierender Minister der verfassungsmäßigen Kontrolle durch das Parlament entzieht – Döring muss deshalb zurücktreten“
Widersprüche im Ausschuss – weitere Zuwendungen an Döring?
Zum ersten Mal seit Beginn der so genannten Umfrageaffäre Dörings im Zusammenhang mit dem FlowTex-Skandal fordert die SPD-Landtagsfraktion den Rücktritt des Wirtschaftsministers und stellvertretenden Ministerpräsidenten, Dr. Walter Döring. Anlass ist der Auftritt Dörings am gestrigen Abend vor dem Untersuchungsausschuss FlowTex des Landtags. Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes Baden-Württemberg ist mit Walter Döring ein amtierender Minister mit einem Rechtsbeistand vor einem Untersuchungsausschuss des Parlaments erschienen und zum ersten Mal in der Geschichte dieses Landes hat ein amtierender Minister vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss von seinem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Nach den Worten von SPD-Fraktionschef Wolfgang Drexler ist dieser Vorgang von derart schwer wiegender Bedeutung für die parlamentarische Demokratie, dass Minister Döring jetzt umgehend von sich aus zurücktreten muss.
Drexler: „Selbstverständlich kann Walter Döring von seinem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch machen, um sich vor Strafverfolgung zu schützen. Er kann aber nicht gleichzeitig als Minister im Amt bleiben und damit seine Amtsführung der verfassungsmäßigen politischen Kontrolle durch das Parlament entziehen. Ein Minister, der dem Parlament möglicherweise über viele Monate hinweg dessen verfassungsmäßiges Recht und dessen verfassungsmäßige Pflicht zur Aufklärung verwehrt, ist keine Sekunde länger als Minister haltbar.“
SPD-Fraktionschef Drexler machte deutlich, dass es der politische Anstand und der Respekt vor den verfassungsmäßigen Rechten des Parlaments gebiete, dass Döring deshalb sofort zurücktritt. Sollte Döring allerdings an seinem Sessel kleben, dann werde er sich schon in der kommenden Plenarwoche vor dem Parlament verantworten müssen. „Dort allerdings hat Döring nicht die Möglichkeit, einen Rechtsbeistand an seine Seite zu nehmen oder gar dem Parlament gegenüber ein Auskunftsverweigerungsrecht geltend zu machen.“
Drexler machte deutlich, dass das Parlament nicht an der strafrechtlichen, sondern an der politischen Verantwortung Dörings für die so genannte Umfrageaffäre interessiert ist. Gleichwohl müsse über den Verdacht der Vorteilsannahme in Höhe von 10.000 DM hinaus auch geklärt werden, ob Walter Döring zusätzlich eine nicht ordnungsgemäß verrechnete persönliche Zuwendung von der Hunzinger PR GmbH in Höhe von rund 30.000 DM erhalten hat. Die gestrige Zeugenvernehmung des Moritz Hunzinger habe jedenfalls den Verdacht bestärkt, dass es sich bei der Umfrage „Bevölkerungsumfrage zu wirtschaftspolitischen Themen in Baden-Württemberg“ entgegen den Aussagen Hunzingers nicht um eine Umfrage im Interesse von Firmenkunden Hunzingers handelte, sondern um eine Umfrage, die ausschließlich im Interesse und zum Vorteil des FDP-Landes- und stellvertretenden Bundesvorsitzenden Dr. Walter Döring gemacht wurde. Für diese Umfrage hat Hunzinger nach eigenen Angaben 30.194 DM an seine die Umfrage durchführende Tochtergesellschaft Infas überwiesen.
Drexler: „Der Untersuchungsausschuss wird dieser Frage weiter nachgehen und möglicherweise muss jetzt auch die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen ausweiten.“
Der Auftritt des baden-württembergischen Wirtschaftsministers vor dem FlowTex-Untersuchungsausschuss am gestrigen Abend ist nach den Worten von Wolfgang Drexler auch eine Ohrfeige für FDP-Fraktionschef Pfister und steht zudem in eklatantem Widerspruch zu Dörings bisherigen Aussagen. FDP-Fraktionschef Pfister hatte noch am Montag dieser Woche öffentlich „vorausgesagt“, Döring werde vor dem FlowTex-Untersuchungsausschuss alles sagen, was er wisse.
Auch Döring selbst hatte sich noch vor wenigen Tagen damit gebrüstet, dass er selber dafür gesorgt hat, dass er nicht – wie vorgesehen – erst im Mai vor den Untersuchungsausschuss FlowTex geladen wird, sondern bereits zum gestrigen Termin, um dort endlich für volle Ausklärung sorgen zu können. Drexler: „Döring hat die Backen im Vorfeld dieser gestrigen Sitzung dick aufgeblasen, dann aber, als es darauf ankam, hat er sich als großer Schweiger entpuppt.“
Auch in der Vergangenheit habe gerade Döring stets volle Aufklärung des FlowTex-Skandals gefordert. Drexler erinnerte an den FDP-Landesparteitag im Januar 2002, also vor Einrichtung des FlowTex-Untersuchungsausschusses, wo Döring die Opposition lautstark aufgefordert habe, „endlich einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, damit Aufklärung geleistet wird“. Er habe ein reines Gewissen und „habe die Schnauze voll, alle vier Wochen mit Dreck beworfen zu werden“, so Döring damals auf dem FDP-Landesparteitag.
Drexler: „Im Nachhinein muss man den Endruck gewinnen, dass Walter Döring schon frühzeitig andere zur Aufklärung aufgefordert hat, um Verdachtsmomente von sich selber möglichst fernzuhalten. Die zahlreichen Widersprüche in Dörings Aussagen der vergangenen Tage zur so genannten Umfrageaffäre und sein Schweigen vor dem Untersuchungsausschuss lässt nur einen Schluss zu: Döring befürchtet, dass noch mehr ans Tageslicht kommen könnte.“