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Das Land ist der beste Mieter und gleichzeitig auch der beste Vermieter! Orientiert an dieser Maxime ist Vermögen und Bau Baden-Württemberg in eine selbständige Gesellschaft im „Mieter-Vermieter-Modell“ umzuwandeln.

Unsere Liegenschaften sind als Investitionen in eine bessere Zukunft zu verstehen: Investitionen in eine effiziente Verwaltung, in Forschung, in Sicherheit und letztlich auch in Fachkräfte. Grundvoraussetzung für den Erfolg ist eine funktionsfähige Bauverwaltung, die in Bezug auf ihre Kapazität, Ausstattung und Möglichkeiten auf der Höhe der Zeit ist.

Eine Umkehr im Denken ist dringend notwendig: Die Bauverwaltung muss sich als Dienstleister für seine „Kundschaft“ begreifen, der notwendige Investitionen ermöglicht, Problemlösungen sucht und berechtigten Ansprüchen gerecht wird, statt diesen im Weg zu stehen.

Was wir vorfinden, ist ein scheinbar unendlicher Sanierungsstau und eine unzureichende Anzahl von Neubauten.

Um diesem Zustand Herr zu werden und den Sanierungsstau mittelfristig in den Griff zu bekommen, muss öffentliches Bauen in Baden-Württemberg hochwertig, effizient, transparent und termin- und kostentreu sein. Die Grundlagen hierfür sind:

1. Transparente Ausschreibungsverfahren: Öffentliche Bauvorhaben sind durch transparente und vor allem wettbewerbsfähige Ausschreibungsverfahren zu vergeben. Dies fördert den Wettbewerb unter den Auftragnehmern und kann dazu beitragen, die Kosten zu senken. Die Ausschreibungs- und Vergaberegelungen des Landes sind dahingehend zu überarbeiten. Ein Schwerpunkt muss dabei das „Modulare Bauen“ einnehmen. Nicht jedes Gebäude des Landes muss den Hugo-Häring-Preis gewinnen. Mit Standardisierung lassen sich ebenfalls qualitätsvolle und funktional sinnvolle Gebäude errichten.

2. Frühe und aktive Einbindung der Stakeholder: Eine frühzeitige Einbindung aller relevanten Stakeholder, einschließlich Nutzer, Bürger, Planer, Ingenieure und Bauunternehmen, trägt dazu bei, potenzielle Probleme frühzeitig zu identifizieren und zu lösen. Dies kann gleichermaßen Kosten sparen und ausufernde Mehrkosten im Bau verhindern. Entsprechende Formate mit aktiver Einbeziehung der Stakeholder sind hierfür verpflichtend vorzugeben.

3. Risikomanagement: Die gründliche Analyse und Bewertung von Risiken im Vorfeld eines Bauprojekts wird helfen, unvorhergesehene Kosten zu minimieren. Dazu gehören auch die Entwicklung von Strategien zur Risikominderung und -bewältigung während des gesamten Projektzyklus. Ein solches Risikomanagement ist auf der Zentralebene bei der Geschäftsführung der Gesellschaft für das gesamte Land aufzubauen. Nur so gelingt es möglichst viel Know-how in diesem Bereich zu bündeln.

4. Standardisierung und Modularisierung: Die Standardisierung von Bauprozessen, Bauteilen und Materialien sowie die Modularisierung (auch um veränderten Nutzungsanforderungen gerecht zu werden) von Bauentwürfen können zu Kosteneinsparungen durch Skaleneffekte (vereinfachte Planung und schnellere Bauzeiten) führen. Entsprechende Vereinbarungen sind – idealerweise – mit entsprechenden Produzenten im Land zu treffen und umzusetzen.

5. Effektives Projektmanagement: Ein effektives Projektmanagement ist entscheidend, um Zeit- und Kostenüberschreitungen zu vermeiden. Dabei ist die Einrichtung klarer Projektziele, die regelmäßige Überwachung des Fortschritts, das rechtzeitige Erkennen und Beheben von Problemen sowie die effiziente Nutzung von Ressourcen entscheidend. Die beim Ausschreibungsprozess erreichte Transparenz ist über den Projektverlauf aktiv fortzuschreiben.

6. Langfristige Planung und Investition: Langfristige Planung und Investitionen in die Infrastruktur können dazu beitragen, die Gesamtkosten im öffentlichen Bauwesen zu senken, indem zukünftige Bedürfnisse berücksichtigt und teure Nachrüstungen vermieden werden. Die im Land vorhandenen Kenntnisse über Bevölkerungsstrukturen sind in frühen Phasen der Planung einzubeziehen, um Nutzer und Planer zu beraten. Dazu sind insbesondere auch die Daten sowie die Expertise des Statistischen Landesamtes mit einzubeziehen.

7. Contracting-Modelle: Diese können kostengünstige und qualitativ hochwertige Ergebnisse erzielen. Konkret betreibt hier der Erbauer für beispielsweise 20 Jahre das Gebäude. Wenn der Ersteller und der Betreiber eines Gebäudes identisch sind, hat der Ersteller naturgemäß ein großes Interesse an einer Bauausführung, die auch im Betrieb kostengünstig ist. Solche Modelle sollten, wie in Bayern bereits praktiziert, umgehend auch in Baden-Württemberg ausprobiert werden.

All diese Ziele scheinen selbstredend zu sein, dennoch sieht die Realität in Baden-Württemberg anders aus.

Eine Organisation wie der Landesbetrieb Vermögen und Bau muss sich daher zukünftig als Dienstleister und Bauherr zum Wohle aller Menschen in Baden-Württemberg verstehen.

  • Wie können die notwendigen Projekte angegangen werden, ohne dass veraltete Prozesse über neue Verfahren gestülpt werden, wie z.B. bei der Bauherreneigenschaft für die Hochschulen des Landes geschehen?
  • Wie kann für die Nutzer:innen zu jeder Zeit das bestmögliche Angebot bereitgehalten werden, und wie kann das Land dabei als Ganzes gewinnen?
  • Wie können die notwenigen Fachkräfte gehalten und geworben werden?

Um dargestellten Anforderungen gerecht zu werden, muss die staatliche Landesbauverwaltung in eine selbständige Gesellschaft übertragen werden, um die Vorteile des Marktes nutzen zu können, aber auch den Ansprüchen an einen vom Kunden in die Pflicht genommenen Dienstleister gerecht zu werden. Diese beiden Aspekte sind im „Mieter-Vermieter-Modell“ am besten umzusetzen.

Durch die strukturelle Neuaufstellung des gesamten Betriebs wird erreicht, dass die neue Gesellschaft, die sich zu 100 Prozent in Landesbesitz befindet, als Vermieterin gegenüber Schulträgern, Hochschulen, Kommunen etc. auftreten kann und dennoch dem Landtag gegenüber berichtspflichtig ist. Die bisherigen Ämter sind unter der Geschäftsführung (welche bspw. Personalfragen sowie das Budget.- und Risikomanagement betreut) weiterhin als untergeordnete Gesellschaften tätig.

Eigene Gesellschaften können für spezielle Projekte mit hoher Komplexität, wie Universitätsklinikbauten oder Forschungsgebäude der Hochschulen, gegründet werden.

Vorteile der Organisation als rechtlich selbständige Einheit (GmbH) im Bereich des staatlichen Bauens:

1. Flexibilität bei der Beteiligung: Die GmbH kann verschiedene Personen oder Unternehmen als Projektgesellschafterin die Möglichkeit eröffnen, Kapital und Fachkenntnisse aus verschiedenen Quellen zu nutzen. Dies kann insbesondere bei komplexen Bauprojekten von Vorteil sein (Einfacherer „Zukauf“ von Fachwissen).

2. Rechtliche Struktur: Die GmbH bietet eine klare rechtliche Struktur, die es ermöglicht, Verträge schnell abzuschließen, Eigentum zu erwerben und Verpflichtungen einzugehen. Das kann für Bauvorhaben, die oft langfristige Partnerschaften und Vereinbarungen erfordern, vor allem auf der Zeitschiene sehr wichtig sein (Effizienzgewinne).

3. Kontinuität und Nachfolgeplanung: Eine GmbH kann eine stabile Geschäftsstruktur bieten, die die Kontinuität von Bauvorhaben sicherstellt und dabei gleichzeitig effizienter und agiler aufgesetzt und umgestaltet werden kann. Für langfristige Bauprojekte, die oft über mehrere Jahre laufen, kann dies vor allem in den unterschiedlichen Stadien vor allem Personalressourcen schonen und Entscheidungs- bzw. Mitzeichnungserfordernisse senken.

4. Zugang zu Finanzierung: Als Vermieterin für das Land (und andere zu definierende Kreise) ist eine Finanzausstattung gesichert, die über Zuschüsse und Garantien aus dem Landeshaushalt für besondere Investitionen gewährleistet wird. Durch die Rechtsform einer GmbH ist der Zugang zu Finanzierungen wie Bankkrediten (auch unter Einhaltung der Schuldenbremse) möglich, da das Unternehmen eigenständig Vermögenswerte und Verbindlichkeiten halten kann.

5. Bessere Personalgewinnung: Als selbständige Gesellschaft können branchengerechte Tarife abgeschlossen und bezahlt werden. Neben der Mitarbeitergewinnung ist das für die Personalbindung und -entwicklung ein zunehmend entscheidender Faktor. Durch einfachere Personalübernahmen können auch projektspezifisch Kräfte hinzugezogen werden.

Durch die Implementierung einer direkten jährlichen Berichtspflicht gegenüber dem Landtag ist die Kontrolle durch das Land sichergestellt.

Ansprechpartner

Moritz Schwier
Parlamentarischer Berater für Landesentwicklung und Wohnen