MdL Nils Schmid: „Reiche dürfen sich von einer angemessenen Strafe nicht freikaufen“
Wie stellt die Landesregierung Gleichbehandlung bei Steuerstraftaten sicher?
Das Verfahren im Fall Würth ist zwar juristisch erledigt, für die SPD-Landtagsfraktion bleiben aber viele Fragen offen. Dass eine Steuerhinterziehung im möglicherweise zweistelligen Millionenbereich ohne öffentliche Hauptverhandlung durch Strafbefehl erledigt wurde, hinterlasse ein ungutes Gefühl, so der stellvertretende Fraktionsvorsitzende und finanzpolitische Sprecher der Fraktion, Nils Schmid. „Nach dieser Erledigung des Verfahrens stellt sich vielen die Frage, ob sich Reiche von einer angemessenen Strafe freikaufen können und sogar ohne öffentliche Hauptverhandlung davonkommen.“
Für fragwürdig hält Schmid zudem, dass die Öffentlichkeit nicht einmal die genaue Höhe der Geldstrafe erfahren darf und auch nicht klar ist, in welcher Höhe der angerichtete Schaden wieder gutgemacht wurde. Insbesondere sei nicht offen gelegt worden, ob sich diese Wiedergutmachung ausschließlich auf Steuerhinterziehung im Konzernbereich beschränkt.
Schmid: „In diesem Fall bleiben zu viele Fragen offen und die Kontrolle der Justiz durch die Öffentlichkeit wird erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht. Ein solches Vorgehen ist rechtspolitisch höchst fragwürdig.“ Durch diesen Abschluss des Falles Würth werde das Gerechtigkeitsempfinden vieler Menschen verletzt, so Schmid.
Es entstehe der Eindruck, wohlhabende Straftäter könnten sich durch geschickte Deals, teure Anwälte oder gar großzügige Spenden an die Partei des Justizministers von einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe freikaufen. „Eine Zwei-Klassen-Justiz darf es in Baden-Württemberg nicht geben.“
Der SPD-Finanzexperte will nun von der Landesregierung in einem Parlamentsantrag wissen, ob es und wenn ja wie oft in Baden-Württemberg vergleichbare Strafbefehle mit 700 Tagessätzen ohne öffentliche Hauptverhandlung in Steuerverfahren gab. Er will von der Landesregierung aber auch Klarheit darüber, wie sie verwaltungsintern Sorge dafür trägt, dass die Steuerverwaltung und die Staatsanwaltschaften bei Verstößen gegen das Steuerrecht landesweit einheitlich und ohne Ansehen der Person vorgehen.
Schmid: „Ich verlange, dass das Finanzministerium dem Finanzausschuss die internen Verwaltungsanweisungen vorlegt, die für diesen Zweck erlassen wurden.“
Die Überprüfung dieser Anweisungen könne Anhaltspunkte dafür liefern, ob von Seiten der Landesregierung alles getan wird, damit reiche und einflussreiche Persönlichkeiten bei Steuerhinterziehung keinen Strafrabatt bekommen.
In seinem Parlamentsantrag fordert Schmid von der Landesregierung auch Aufklärung darüber, warum die Staatsanwaltschaft jene Ermittlungsergebnisse nicht weiter strafrechtlich verfolgte, die Steuerrechtsverstöße infolge von Vermischung privater und betrieblicher Belange zum Gegenstand hatten.
Helmut Zorell
Pressesprecher