MdL Birgit Kipfer: „Wenn jemand, der Sex-Seiten im Internet betreibt, ohne weiteres eine Fernsehlizenz bekommt, dann ist dies das Ergebnis Teufel’scher Medienpolitik“

Mit großer Besorgnis reagierte die medienpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Birgit Kipfer, auf Äußerungen der Landesanstalt für Kommunikation (LfK), wonach B.TV-Chef Hornauer die Lizenz aus rechtlichen Gründen wohl nicht versagt werden könne. „Wenn die Persönlichkeit des Lizenznehmers keine Rolle spielt, wie aus der LfK zu hören ist, dann ist etwas faul an der Medienpolitik dieser Landesregierung“, so Kipfer. Die Medienexpertin hat den Eindruck, dass die LfK-Spitze mögliche Versagungsgründe gar nicht erst geprüft hat, sondern lediglich darauf erpicht war, die Lizenzvergabe an Hornauer als einzigem B.TV-Interessenten so rasch und unauffällig wie möglich über die Bühne zu bringen.

Eine Rolle gespielt haben mag dabei auch, so Kipfer, dass die LfK-Spitze der Landesregierung die Blamage ersparen wollte, dass sich für das so genannte „Erwin-TV“ kein einziger geeigneter Interessent fand. Erst öffentlicher Druck habe bewirkt, dass nun breit über diese Lizenzvergabe diskutiert wird und ein geräuschloses Lizenzverfahren damit verhindert wurde. Die SPD-Medienexpertin machte auch darauf aufmerksam, dass das zweifelhafte Umfeld Hornauers der LfK bereits im Oktober des vergangenen Jahres bekannt war. Hätte die LfK-Spitze diese Hinweise ernst genommen, dann hätten die Zulassungsvoraussetzungen im Mediengesetz sogar noch rechtzeitig mit der Einbringung der Mediengesetznovelle im Dezember 2002 verschärft werden können.
Kipfer appellierte eindringlich an die LfK, noch einmal mit aller Sorgfalt zu prüfen, ob B.TV-Chef Hornauer tatsächlich die Voraussetzungen für eine Sendelizenz nach dem baden-württembergischen Mediengesetz erfüllt. Sie verwies in diesem Zusammenhang auf die Internetseite www.bild-power-flirt.de, die nach Auskunft des einschlägigen Branchendienstes von Thomas Hornauer betrieben wird. Über diese Internetseite werden Besucher aufgefordert, nach entsprechender Telefoneinwahl mit den Kameras selbst Regie zu führen und „die schärfsten Mädels live auf den Bildschirm“ zu holen. „Unsere Kameras hängen in jedem Separee: du kannst sie selbst steuern. Suche dir deine Einstellung aus – hol dir die Damen ganz nah ran!“ lautet die Aufforderung an den Besucher dieser Homepage.

Kipfer: „Wenn Hornauer mit solchen Sex-Seiten Geld verdient, ist das seine Sache. Aber es kann die Medienpolitik im Land nicht unberührt lassen, wenn solche Personen, die zudem noch unter dem Verdacht der Sektenunterstützung stehen, über Satellit und später über Kabel landesweit über sog. Interaktive Programme Fernsehlizenzen zum Abzocken missbrauchen.“

In einem parlamentarischen Antrag will Kipfer deshalb von der Landesregierung wissen, ob sie die persönlichen und sachlichen Zulassungsvoraussetzungen nach dem Landesmediengesetz bei Hornauer für gegeben und ob sie diese Vorschriften für ausreichend hält oder gegebenenfalls bereit ist, die medienrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen zu verschärfen. Von der Landesregierung will sie auch wissen, in welcher Weise sie allein oder in Verbindung mit Mitgliedern der CDU-Fraktion auf die Vermittlung Hornauers als Investor bei B.TV Einfluss genommen hat.

Aus Sicht der SPD-Medienexpertin wäre eine Lizenzvergabe an Hornauer der medienpolitische Offenbarungseid für diese Landesregierung. Das beredte Schweigen des gesamten Landeskabinetts von Teufel bis zu seinem sonst so geschwätzigen Medienminister Palmer in Sachen Hornauer stehe in auffälligem Kontrast zu Palmers Verhalten im Vorfeld der Lizenzvergabe an Sonnenklar TV.
„Wenn’s ihm gerade passt, brüstet sich Palmer damit, dass er selbst dann die Finger im Spiel hat, wenn nicht die Landesregierung, sondern die LfK entscheidet – wie im Fall Sonnenklar TV. Wenn’s ihm peinlich erscheint, wie jetzt im Fall Hornauer, dann stellt er sich taub und tut so, als ob es einen Medienminister im Land überhaupt nicht interessiere, wer die Lizenz für einen privaten Fernsehsender erhält.“

Die öffentlichen Diskussionen um die Lizenzvergabe für B.TV zeigen nach Kipfers Worten schon jetzt, dass die Landesregierung mit ihrer Medienpolitik offenkundig gescheitert ist. Mit ihrer erst kürzlich im Landtag verabschiedeten Mediengesetznovelle setze die Landesregierung einseitig und ausschließlich darauf, dass Medienmacher Geld verdienen sollen – die Inhalte und die medienpolitische Wirkung mit Blick auf Wettbewerb und Meinungsvielfalt sei ihr offenkundig gleichgültig, so Kipfer.

Die Landesregierung habe bei ihrer Mediengesetznovelle im „nacheilenden Gehorsam“ auch Forderungen Stoibers im Bundestagswahlkampf aufgegriffen und durchgesetzt, dass Medienunternehmen, an denen Parteien auch nur zu einem Bruchteil beteiligt sind, in Baden-Württemberg von einer Lizenzierung ausgeschlossen sind. Bei Personen jedoch, die Zweifel an ihrer weltanschaulichen und sittlichen Eignung als Programmveranstalter aufkommen lassen, wie im Fall Hornauer, sieht die Landesregierung unter Hinweis auf das Gewerberecht offensichtlich keinerlei Handlungsbedarf. „Eine geradezu perverse Vorstellung von Mediendemokratie.“

Für die SPD dagegen macht es mit Blick auf Art. 5 des Grundgesetzes einen gravierenden Unterschied, ob ein Würstchenbudenbetreiber seine Lizenz nach dem Gewerberecht erhält oder der Betreiber eines Fernsehprogramms. „Sonst könnten wir ja die gesamte Medienaufsicht schließen und diese Aufgabe dem Gewerbeaufsichtsamt übertragen.“

Kipfer: „Teufel und Palmer werden vor diesem Hintergrund nicht unendlich lange zum Fall Hornauer schweigen können. Wer sich ständig auf die christliche Fundierung der Politik beruft, der wird bald die Frage beantworten müssen, warum diese hehren Grundsätze im privaten Medienbereich plötzlich nichts mehr wert sind. Oder gilt hier das Motto: Egal wie, Hauptsache Erwin-TV?“

Helmut Zorell
Pressesprecher