Frau Präsidentin,
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die gute Tradition bei der Generalaussprache zu einem Haushalt ist es, dass wir uns heute bei dieser allgemeinen Aussprache nicht oder wenigstens nicht nur mit Einzelplänen und Einzelheiten des neuen Haushaltsplans auseinandersetzen.
Für diese Tradition sind wir heute besonders dankbar, denn das Problem, das wir mit diesem Haushaltsentwurf haben, ist in der Tat ein grundsätzliches. Es geht darum, wie eine Landesregierung haushaltet, ob sie in unser Land investiert, und gerade dann, wenn es dringend nötig ist.
Wir glauben, da haben Sie, und damit meine ich diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen, ein grundsätzliches Problem. Und das wollen wir heute erläutern.
Dass Sie dieses Problem haben, ist unbestritten. Der Finanzminister hat das bei der Einbringung seines Entwurfs bestätigt, unfreiwillig aber dafür umso deutlicher. Die Rolle, die eine Landesregierung spielen sollte, ja in diesen Zeiten spielen muss, die spielen Sie nicht.
Denn Sie, Minister Bayaz, bei aller persönlichen Wertschätzung, haben diese Rolle gar nicht verstanden. Minister Bayaz ist ohne allen Zweifel ein Finanzfachmann. Und er hat sicher alles, was man als Finanz-Influencer im Internet braucht, oder als Analyst eines Finanzinvestors, oder als Stratege eines Hedgefonds…
Aber Minister Bayaz, Sie sind hier nicht in der Privatwirtschaft. Sie sind hier der Finanzminister! Sie sind nicht Analyst, sondern Akteur. Und Sie nicht der unbeteiligte Marktbeobachter, sondern einer der bestimmenden Marktteilnehmer in diesem Land.
Das haben Sie nicht verstanden. Sie haben sich eines Zitates bedient und uns hier erklärt, der Staat finde die Gewinner von Morgen nicht, aber die Verlierer von gestern fänden den Staat.
Haben Sie wirklich begriffen, was Sie da gesagt haben? Mit welcher Gleichgültigkeit Sie einem der größten wirtschaftlichen Umschwünge begegnen wollen, die unser Land seit der industriellen Revolution erlebt hat? „Ja, es gibt halt Gewinner und Verlierer, da kann man nichts machen“. Wie zynisch müssen diese Worte in den Ohren tausender Menschen klingen, die gerade um ihre Arbeitsplätze fürchten und um diese kämpfen. Auch und gerade hier in Baden-Württemberg, z.B. bei ZF in Friedrichshafen und in vielen anderen Betrieben.
Und über diese Menschen möchte ich heute sprechen, nämlich die Leistungsträger in diesem Land. Die dieses Land mit ihrem Fließ und ihrer Schaffenskraft stark machen und am Laufen halten. Aber nochmal zurück zu Ihnen, Herr Finanzminister.
Auch ihr Blick auf den Staat, der Sie ja übrigens selbst sind, ist von einer beachtlichen Gleichgültigkeit gekennzeichnet. „Der Staat kann eh nichts, der ist ja nur was für die Verlierer von gestern.
Ich würde diese Haltung auch kritisieren, wenn sie als reiner Privatmann für einen ausländischen Kapitalinvestor tätig wären. Ihr Staatsverständnis ist falsch. Aber für einen Finanzminister ist es UNTRAGBAR! Sie arbeiten für den Staat, von dem sie offenbar nicht viel halten!
Und da Sie Ihre Rolle nicht verstehen, widersprechen Sie sich selbst: Sie zitieren Mario Draghi, Sie zitieren Wirtschaftsverbände und Wirtschaftswissenschaftler, sie zitieren den Aufruf an den Staat, in dieser Krise und gegen diese Krise zu investieren. Aber wenn Sie „Staat“ hören, dann schauen Sie immer nach Berlin.
Herr Bayaz, alles, was die Wirtschaft, alles, was Draghi sagt, das gilt auch für diese Landesregierung! Sie sind auch Staat! Sie haben Verantwortung für unser Land und seine Entwicklung, und das ist jetzt so wichtig wie noch nie in diesem Jahrhundert: Gerade Baden-Württemberg ist extrem betroffen vom Wandel, von der Transformation, von den Umwälzungen in der Automobilindustrie. Gerade in Baden-Württemberg müssen wir die Energiewende mit aller Kraft umsetzen, wir haben keine Windparks in Küstengewässern, bei uns kommt der Wasserstoff nicht in Seehäfen an. Und gerade weil unsere Wirtschaft so exportstark ist, wirkt sich die geopolitische Lage und der internationale Wettbewerb extrem aus bei uns.
Baden-Württemberg ist ein besonders starkes Land, mit besonders starken Betrieben. Aber damit das so bleibt, müssen wir besonders viel tun. Wir alle, von der Privatwirtschaft bis in die Politik. Wir alle. Und dann darf eben auch die Landesregierung nicht einfach zugucken, abwarten und über Gewinner und Verlierer philosophieren.
Und was ich Ihnen jetzt sage, geht an die Adresse ökologischer Neoliberaler ebenso wie an die Adresse grüner Fundis: Wer von Ihnen von einem deindustrialisierten Baden-Württemberg träumt, aus dem nur noch Finanzdienstleistungen und Bärlauchpesto kommen, der träumt einen Albtraum. Wir sind ein Industrieland und wir müssen das auch bleiben, denn sonst ist unser Wohlstand weg!
Und wir sehen dunkle Wolken am Horizont, Arbeitsplatzabbau, Werkschließungen, eine unselige Welle an Hiobsbotschaften, als ob das ansteckend sei… Wir erleben, wie Sturm aufkommt.
Und noch einmal: Die Regierung unseres Landes darf da nicht einfach nur zusehen und dann noch Kalendersprüche über Gewinner von morgen und Verlierer von gestern aufsagen.
Das Land und seine Regierung haben es maßgeblich in der Hand, ob wir mehr oder weniger Gewinner haben werden, mehr oder weniger Verlierer. Dafür ist eine Landesregierung da, darauf sind Sie vereidigt. Und deswegen müssen Sie nicht nur analysieren, sondern endlich anpacken!
Das ist der erste großer Fehler dieses Haushalts. Zweiter großer Fehler: Uns Ihr politisches Nichthandeln als Notwendigkeit verkaufen zu wollen. Möglichst vielen Leuten möglichst oft einzureden, Baden-Württemberg sei ein weitgehend mittelloses Land und seine Regierung habe kaum zwei Euro fünfzig in der Tasche.
Ich gebe zu, das machen Sie sehr geschickt und auch mit viel Erfolg. Und eben auch mit viel Geld: Über 2,5 Millionen Euro gibt diese Landessregierung für ihre PR aus. Über 100 Menschen sind dafür beschäftigt. Und in keinem anderen Ministerium sind die Kosten für die PR zuletzt so massiv gestiegen wie im Haus von Minister Bayaz: Im Jahr 2022 um über 50 Prozent, im Jahr darauf nochmal um 37 Prozent.
Dafür haben Sie Geld, allein für den Podcast des Finanzministers so viel wie für ein Auto. Und diese PR-Maschine läuft. Es ist verblüffend, wie auch viele Medien die Erzählung vom fehlenden Geld einfach übernehmen. Ach, kein Geld? Jaja, das hört man ja überall.
So kommt es dann auch zu den gruseligen Überschriften nach der jüngsten Steuerschätzung. Eine Milliarde weniger, uii! Dass das bei einem Haushaltvolumen von 136 Milliarden Euro gerade mal 0,7 Prozent bedeutet – zu kompliziert. Eine Milliarde Euro fehlen. Das klingt nach viel!
Und es interessiert dann auch nicht, dass dieser Haushalt ein Rekordvolumen hat. Dass noch keine Landesregierung Baden-Württemberg je so viel Geld in die Hand genommen hat wie diese hier, die andauernd über mangelnde Finanzen jammert.
Und es interessiert dann auch nicht, dass in Momenten höchster Not immer plötzlich Geld auftaucht: Für das G9, wenn Ihnen die Eltern im Land aufs Dach steigen. Für einige Sicherheitswünsche der CDU, wenn Ihnen Ihr Koalitionspartner aufs Dach steigt. Für den Ausbau des Ganztags, wenn Ihnen die Kommune wegen Ihrer geplanten Förderlotterie aufs Dach steigen.
Immer dann, wenn es gar nicht mehr anders geht, ist plötzlich wieder Geld da. Und der arme Finanzminister, der jede Zitrone zweimal ausgepresst hat, findet plötzlich noch eine Zitronenkiste unter dem Bett.
Wenn ich jetzt zornig klinge, dann, weil ich etwas zornig bin. Denn Minister Bayaz, Sie haben bei der Einbringung Ihres Haushaltsentwurfs nicht nur einmal mehr ihre Geschichte von der großen Armut erzählt.
Sie haben sich auch direkt an alle gewandt, die diese große Armut bezweifeln. Und sie haben quasi an unsere Adresse gefordert, wir sollten uns mal „ehrlich machen“.
Das ist ein starkes Stück vom Finanzminister einer Landesregierung, die die Haushaltehrlichkeit auf ein nie gekanntes Mindestmaß gedrückt hat. Wie gesagt, wenn immer es nötig ist, zaubern Sie plötzlich Geld aus dem Hut.
Aus Ihren Rücklagen und Ausgaberesten, die sie in Rekordhöhen horten. Und das ist keine Behauptung der Opposition, das sind Tatsachen, die auch der Rechnungshof bestätigt.
Sie füllen sich reihenweise Schatullen, die der Kontrolle der Öffentlichkeit entzogen sind und über die allenfalls der Finanzausschuss entscheiden soll, nichtöffentlich. Sie verschleiern die Finanzlage unseres Landes. Mit Haushaltsehrlichkeit hat das nichts zu tun. Und SIE fordern UNS auf, uns ehrlich zu machen?
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die mit großem Fleiß immer wieder erzählte Geschichte vom großen Finanzmangel ist ein großer Erfolg in der Öffentlichkeitsarbeit dieser Regierung.
Und genauso erfolgreich ist die Regierung mit dem Produzieren von Überschriften. Überschriften führen zu Überschriften, man zitiert sie schnell und einfach und für das Kleingedruckte haben wir gerade eh keine Zeit.
So kann man politisches Handeln immerhin simulieren, auch damit kann man offenbar über viele Jahre über die Runden kommen. Und auch in dieser Debatte haben sich die Kollegen der Regierungsfraktionen ja wieder redlich bemüht, sehr wortreich und mit vielen Überschriftenpolitisches Handeln zu suggerieren. Was diese Regierung nicht alles unternimmt! Überschrift, Überschrift, noch eine Überschrift.
Damit hatte auch schon der Finanzminister angefangen. Und ich habe mir bei Ihrer Rede nur so ein paar Punkte notiert. Sie waren ganz stolz auf eine Investitionsquote von zehn Prozent. Wir haben nur leider nicht erfahren, von WAS diese zehn Prozent sind. Zehn Prozent Ihres Haushalts? Ganz sicher nicht! Es klang schön, aber sonst? Vielleicht sollte es auch gar nicht mehr als schön klingen.
20 Prozent gibt das Land für Bildung aus, haben Sie gesagt, und das klingt auch wieder schön und nach einer tollen Leistung. Ich kann mich aber erinnern, dass mir als Kultusminister bisweilen vorgehalten wurde, ich verbrauchte 25 Prozent des Haushalts. Das stimmte damals auch. Dass ihre 20 Prozent nun toll sind, können sie behaupten. Nur begründen halt nicht – denn Sie würden damit eingestehen, dass der Bildungsbereich in den letzten eben nur unterproportional gewachsen ist. Und das ist für ein Land wie Baden-Württemberg eben keine Leistung, sondern ein untragbarer Zustand.
Noch ein Beispiel?
Sie sagen, in unserem Land würden 5,5 Prozent des Geldes für Forschung und Entwicklung ausgegeben. Da haben wir wieder den Rollenirrtum des Herrn Bayaz. Die Zahl stimmt. Aber das ist nicht IHR Geld.
Das ist nicht der Landeshaushalt, das ist das ganze Land inklusive der Privatwirtschaft. So wie Sie es sagen, klingt das nach 5,5 Prozent des Etats, nach siebeneinhalb Milliarden vom Land. Ich habe dann extra noch einmal nachgeschaut und dabei beispielsweise Ihre Startup-Förderung für die beiden Jahre gesehen: 18 Millionen Euro. In zwei Jahren.
Für einen Landkreis wäre das in Ordnung. Für das Land Baden-Württemberg ist es blamabel. Das bringt nichts für die Start-Up-Szene. Es bringt nur eine Überschrift.
Und apropos Landkreis: Wie sehr Sie den Bezug zur Lage im Land verloren haben, zeigt sich ja auch am Umgang mit unseren Kommunen. Der Ministerpräsident wird es selbst gemerkt haben, als er kürzlich vor der kommunalen Familie beklagt hat, das Land müsse jetzt, ich zitiere, an seine Rücklagen rangehen.
Ich weiß nicht, ob sie als wir zuletzt beim Landkreistag zu Gast waren, die Reaktionen der kommunalen Vertreter mitbekommen haben. Da wurden Köpfe geschüttelt, da wurde teilweise gelacht und viele konnten Ihren Zorn nicht mehr verbergen.
Herr Ministerpräsident, das haben Sie zu Kommunen und Landkreisen gesagt, von denen viele seit Jahren überhaupt keine Rücklagen mehr haben. Das haben Sie zu Kommunen gesagt, denen Ihre Regierung nur noch die Hälfte der Bundesmittel für die Geflüchteten weitergibt, aber immer mehr Leistungen einfordert.
So geht man nicht mit den Kommunen in unserem Land um, Herr Ministerpräsident.
In unserem staatlichen Trio Bund, Land, Kommunen hat das Land im Moment die mit Abstand komfortabelste finanzielle Ausstattung – aber wenn es um die Probleme im Land geht, nehmen Sie sich sofort aus der Gleichung, wollen Sie gar nicht zu dem Trio gehören. Sie zeigen immer nur auf den Bund, Sie lassen die Kommunen im Regen stehen – und ernennen sich selbst zu armen Schluckern, während sie ihre Rücklagen pflegen. Herr Finanzminister, „ehrlich machen“ fängt auch und vor allem bei Ihnen selbst an.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Erzählung vom finanziell völlig klammen Baden-Württemberg hält keiner Überprüfung stand, da helfen auch nicht Ihre pausenlosen, nicht enden wollende Wiederholungen. Und auch heute haben wir wieder gehört, wie schrecklich das Geld fehlt und laut der Steuerschätzung schon wieder eine Milliarde weniger…
Und wenn wir Ihnen widersprechen, werden Sie richtig bissig, so wie der Finanzminister schon richtig bissig wurde.
Denn wenn er darüber redet, dass man gegen die Krise investieren soll, wenn er darüber redet, für die drängenden Strukturprobleme unseres Landes endlich Geld in die Hand zu nehmen – dann meint er damit natürlich immer und immer wieder nur die Bundesregierung. Und jede Idee, dass auch das Land Geld in die Hand nehmen könnte, will er von vornherein ausschließen. Keine „finanzpolitischen Stunts“ wollen Sie wagen, haben Sie gesagt, keine „Operationen am Rande der Verfassung“.
Auch das habe ich mir aufgeschrieben, denn das ist fast schon ein Freud‘scher Versprecher. Eine Aussage die beweist, dass Sie Sinn, Zweck und Regulatorik der Schuldenbremse nicht verstehen wollen. Denn die Schuldenbremse ist schlauer konstruiert, als sie denken. Sie ist schlauer als Ihre Politik.
Und die Schuldenbremse ist keine Lizenz zum Nichtstun, im Gegenteil! Sie erlaubt Investitionen, und in einer Lage wie jetzt FORDERT sie diese Investitionen sogar.
Sie beklagen seit der Steuerschätzung Ihre fehlende Milliarde? Dann lesen Sie mal die Konjunkturkomponente der Schuldenbremse durch, die Ihnen ermöglicht, jetzt Geld in die Hand zu nehmen. Allein nach diesem Ansatz sind das aktuell rund 1,3 Milliarden Euro. Die nehmen Sie auch dankbar – nur machen Sie damit keine Wirtschaftspolitik, sondern stopfen Haushaltslöcher. Genau das sieht die Schuldenbremse NICHT vor. Und Sie erzählen hier etwas über Operationen am Rande der Verfassung?
Befolgen Sie einfach nur die Regeln, die wir uns gegeben haben. Regeln, die Sie offensichtlich nicht kennen oder nicht kennen wollen. Offenbar passt das nicht in Ihre Erzählung, Ihre Alibis.
Sie erzählen über Operationen am Rande der Verfassung und rechtfertigen damit Ihre Operationen am Rande des Nichtstuns.
Noch ein Indiz dafür, dass Sie gerne über Geldmangel klagen, ihn aber ungern beseitigen wollen: Ihr Haushalt sieht bis 2026 über 100 Stellen weniger in der Finanzverwaltung vor. Da reden wir von Betriebsprüferinnen und Steuerprüfern, von den einzigen Angestellten des Landes, die dem Staat in barer Münze mehr einbringen, als Sie kosten.
Wir reden von Fachleuten, die Steuersündern das Handwerk legen, die für mehr Steuergerechtigkeit sorgen, die Millionen und Abermillionen Euro aufspüren, die dafür sorgen, dass das Land das Geld bekommt, das ihm zusteht.
Sie bauen über 100 Stellen ab. Brauchen Sie kein Geld? Ach so, weniger Leute sollen natürlich mehr leisten, Ihre Ziele sind leicht erhöht. Wie soll das gehen? Ihre PR-Abteilung schreibt Ihnen wahrscheinlich auf den Zettel, sie sollen „KI“ sagen und „Digital“ und „Hokuspokus“. Aber es bleibt halt eine Milchmädchenrechnung. Und für unser Land ist es falsch und schädlich.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
was fehlt der SPD an diesem Haushalt? Fast alles, was ihn zu einem Haushalt für die kommenden Jahre machen würde. Entscheidende Jahre, gerade für unser Land, seine Zukunft, seinen Wohlstand, seine Arbeitsplätze.
Wir haben Ihnen erklärt, dass Sie mehr Geld in die Hand nehmen MÜSSEN und dass Sie mehr Geld in die Hand nehmen KÖNNEN. Und wir erklären Ihnen gerne auch noch, wofür das nötig ist.
Baden-Württemberg ist Industrieland und muss es auch bleiben. Wir setzen hierbei auf Investitionen, Infrastruktur und Innovationen. Deswegen muss jetzt mit aller Kraft in diese Bereiche investiert werden. Und deswegen beantragt die SPD-Landtagsfraktion im Doppelhaushalt 2025/26 eine Transformationsmilliarde.
Und bevor sie jetzt gleich wieder Schnappatmung kriegen; der DGB hat vor wenigen Tagen ein Gutachten vorgelegt, aus dem sich ein Investitionsbedarf für Baden-Württemberg in Höhe von 165 Mrd € ergibt.
Mit diesen Mitteln sollen u.a. die Infrastruktur im Land ausgebaut, Innovationen verstärkt gefördert und Transformations-Modellregionen eingerichtet werden. In den Modellregionen sollen Beschränkungen abgebaut, Verwaltungshandeln konzentriert und Arbeitszeiten im tarifgebundenen Bereich flexibilisiert werden.
Ein Staatsfonds des Landes, der nach unserem Willen aufgebaut werden soll, soll sich zeitlich befristet an Unternehmen in der Transformation beteiligen können, um diesen damit finanzielle Spielräume für Innovationen und ihre Weiterentwicklung zu ermöglichen.
Die SPD-Landtagsfraktion fordert die Landesregierung zudem auf, eine Zukunftsanleihe BW auf den Weg zu bringen, um mit Hilfe von Investorengeldern Vorhaben von Unternehmen u.a. unterstützen zu können, die darauf abzielen, Wirtschaft und Industrie klimaneutral umzubauen und dabei Arbeitsplätze zu sichern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Was uns im Haushaltsentwurf dieser Landesregierung fehlt, ist die Investition in die Zukunft unseres Landes ebenso wie die Nothilfe an den jetzt entscheidenden Stellen.
Wo ist ein kommunales Sofortprogramm, um die Handlungsfähigkeit unserer Städte, Gemeinden und Landkreise zu erhalten? Auf diese Leistungsfähigkeit verlassen wir uns alle, darauf verlässt sich auch diese Landesregierung gerne. Aber für die unbestritten wachsenden Aufgaben der Kommunen sind diese eben unbestritten auch finanziell besser auszustatten.
Und auch der inzwischen katastrophale Mangel an bezahlbarem Wohnraum schlägt sich nicht wirklich in Ihrem Haushaltsentwurf nieder. Wir als SPD, übrigens gemeinsam mit der Bauwirtschaft, den Gewerkschaften und auch den Sozialverbänden, fordern seit nunmehr zwei Jahren eine deutliche Anhebung der Wohnbauförderung auf das Niveau anderer Bundesländer. Hier muss mehr gehen, da reichen eben keine Überschriften! Und genau für die Menschen, über die ich vorhin gesprochen habe, die Leistungsträger in unserem Land, brauchen wir diesen Wohnraum dringend. Und übrigens auch für die Fachkräfte, die zu uns kommen wollen.
Für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes gibt es Bereiche, in denen Sie endlich aus dem Schönwettermodus kommen müssen. Es gibt da Aufgaben, die ruckeln sich nicht von alleine zurecht, während die Landesregierung nur zuschaut.
Das sind Dinge, die musste der Staat schon immer in die Hand nehmen und das muss er auch heute. Wenn wir von Infrastruktur wie der Wasserstoffversorgung reden, dann können wir das im Ausmaß nur mit der Wasserversorgung vergleichen oder der Stromversorgung. Das darf das Land nicht so verbummeln, wie wir das schnelle Internet verbummeln. Das richtet der Markt nicht!
Und der Markt richtet auch die Wohnungsnot nicht! All das beklagen Sie wieder und wieder und dann soll es die Bundesregierung richten und Olaf Scholz soll sich mehr um Baden-Württemberg kümmern… aber wo kümmert sich diese Landesregierung um ihr Land?
Es geht jetzt nicht darum, schlechtere Zeiten zu VERWALTEN.
Es geht darum, die Lage zu VERÄNDERN, sie zu VERBESSERN!
Baden-Württemberg wurde durch fleißige Menschen reich und es wird nur durch fleißige Menschen reich bleiben. Diese Menschen sind die wirklichen Leistungsträger, und für diese Menschen müssen wir etwas tun.
Deswegen wollen wir nicht zuschauen, dass in diesem Land über 60.000 Kitaplätze fehlen. Das sabotiert die Erwerbspläne junger Familien und das schadet unserer Wirtschaft. Tun Sie hier etwas, und Sie tun etwas für die Leistungsträger!
Nicht anders ist es bei der Polizei. Natürlich können Sie Sicherheitspakete vorstellen, die größtenteils aus aufgeschäumter PR bestehen. Wir sagen, erhöhen Sie die allgemeine Polizeizulage. Dann tun sie was für die Frauen und Männer, die unser Land sicher machen. Dann tun Sie etwas für die wirklichen Leistungsträger in diesem Land!
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
eine Generaldebatte ist kein Ritual ohne Sinn und Inhalt. Wir wollen Ihnen heute vermitteln, um was es uns in den Einzelberatungen gehen wird.
Warum wir vermissen, was wir vermissen und warum wir fordern, was wir fordern. Und ich kann nur eindringlich an Sie appellieren, auch diese Beratungen nicht wie ein Ritual ohne Sinn und Inhalt zu begehen. Ein Ritual, bei dem man die Vorschläge der Opposition aus Prinzip ablehnt, weil man das halt kann.
Herr Ministerpräsident,
dieser Doppelhaushalt ist IHR Haushalt, und es wird ihr LETZTER Haushalt sein. Darüber DARF man nicht nur nachdenken, das SOLLTE man auch.
Ihre Regierungszeit fiel in einige der wirtschaftlich besten Jahre, die Baden-Württemberg je erlebt hat. Damals lief vieles von allein und man konnte sich über Fassadenbegrünungen Gedanken machen.
Diese Jahre, in denen man das Gefühl hatte, alles läuft von allein, sind seit längerem vorbei. Immer mehr in diesem Land läuft eben nicht mehr von allein, immer mehr liegt so im Argen, dass man anpacken muss und zwar schnell und entschieden. Aber immer mehr bleibt liegen.
Ihre Koalition mit der CDU streitet sich weniger als die Ampel, aber das ist erstens kein großes Kunststück und zweitens gelingt das eben auch nur, weil Sie sehr wenig unternehmen und sich für den Rest dieser Legislatur offenbar nur noch aufs Abwarten verständigen konnten, und selbst das immer häufiger durchsetzt von stark verfrühtem Wahlkampfgeklirr.
Herr Ministerpräsident,
unser Land hat keine Zeit mehr für weitere Jahre des Stillstands und des Abwartens. Und es ist nicht mehr die Zeit, in der eine Landesregierung meint, sei mache ihre Arbeit, wenn sie Rücklagen aufbaut und Schulden tilgt und gelbe Aufkleber herstellt. Das reicht nicht mehr.
Das ist nicht einfach und für Ihre Koalition schon zweimal nicht, denn nicht nur Ihr Finanzminister hat das Sternzeichen Staatsfern, und viele Grüne wissen überhaupt nicht, was eine Regierung leisten dürfte und leisten könnte und leisten müsste.
In der CDU wissen das zwar viele besser, können aber sehr gut damit leben, wenn grüne Ziele keine Wirklichkeit werden. Und sie können sehr gut damit leben, dass jeder Euro, der nicht ausgegeben wird, einer künftigen Landesregierung zur Verfügung steht. „Enkelgerecht“ kann da verschiedene Bedeutungen haben. Man spielt da offensichtlich auf Zeit.
Aber, Herr Ministerpräsident, diese Zeit hat unser Land nicht. Wir müssen investieren, wir müssen das jetzt tun, denn in einigen Jahren ist es zu spät, sind die Schäden zu groß und die Kosten unbezahlbar.
Darum geht es uns, und nur deswegen werden wir in den kommenden Beratungen wieder und wieder auf bessere Lösungen hinweisen, für mehr Entschlossenheit eintreten, wirksamere Programme fordern.
Dieser Doppelhaushalt ist Ihr letzter. Er ist aber an vielen Punkten auch der letzte Etat, mit dem man das Ruder angesichts bedrohlicher Entwicklungen noch herumreißen kann.
Es ist der letzte Etat, mit dem Sie in Ihrer Amtszeit beherzt ans Ruder greifen können, auch bei schlechterem Wetter, ohne Sonnenschein und Rückenwind. Jetzt gilt es zu verstehen, was dieser Staat bewegen kann und was er jetzt bewegen muss.
Es ist der letzte Etat, mit dem Sie beweisen können, ob Sie in diesen Zeiten nicht nur an der Regierung sind, sondern auch regieren. Und dafür hat dieser Haushaltsentwurf unsere Vorschläge bitter nötig.
Herzlichen Dank!